Glossar

Ein Glossar ist an sich schon kritisch zu hinterfragen, weil es dabei um Definitionen geht, die Macht re_produzieren und nie vollständig und abgeschlossen sein können. Dennoch versuchen wir hier, unser momentanes Verständnis von zentralen Begriffen und Texten, die für diese Broschüre besonders wichtig sind, festzuhalten.

Ableismus, ableisiert, disableisiert:

Ableismus ist das strukturelle Diskriminierungsverhältnis, das Nicht/beHinderung bzw. Dis/Ableisierung konstruiert. Personen, die in einer Gesellschaft nicht-beHindert sind, sind ableisiert.

„Wie entsteht beHinderung? Wer macht wen beHindert? Oder anders gefragt, wer beHindert wen? Und was genau bedeutet das eigentlich: beHinderung? […] beHinderung ist kein pathologischer Zustand von Menschen, sondern ein gesellschaftlicher Prozess, in welchem Menschen an gesellschaftlicher Teilhabe beHindert werden, weil sie nicht der angenommenen Norm oder Mehrzahl entsprechen.“ (Ballaschk, Cindy; Elsner, Maria; Johann, Claudia; Weber Elisabeth ; Schmitz, Ka: machtWorte!. Berlin: JaJa-Verlag, 2012)

grafik_buchLinton, Simi: Reassigning Meaning. In: Davis, Lennard J. (Hrsg.) The Disability Studies Reader. New York: Routledge, 2006, S.161-172.

grafik_buchInternetseite mit Tipps für antidiskriminierende Sprachhandlungen in Bezug auf beHinderung: http://leidmedien.de (22.09.2013)

Androgenderung, androgendern, androgegendert:

Androgenderung ist beispielsweise, wenn ich glaube, dass es Äußerungen gibt, mit denen ‚alle‘ gemeint sind. Dieses ‚alle‘ ruft aber häufig weiße männliche ableisierte Vorstellungen auf. Diese Vorstellungen re_produzieren sich so als allgemeinmenschlich, sind aber androgegendert.

„warum ist die fußballweltmeisterschaft selbstverständlich und für alle eindeutig die fußballweltmeisterschaft ableisierter ‚männer’ und die fußballweltmeisterschaft ableisierter frauen heißt ‚frauen-fußballweltmeisterschaft? wie heißt die disableisierte frauen-fußballweltmeisterschaft? gibt es sie?“ (hornscheidt, lann, 2012, S. 85)

grafik_buchhornscheidt, lann: feministische w_orte: ein lern-, denk- und handlungsbuch zu sprache und diskriminierung, gender studies und feministischer linguistik. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2012, S. 84-93.

CisGenderung, CisFrau, CisMann/CisTyp, cisgegendert:

‚Ich habe meine eigene Wahrnehmung, Frau zu sein, noch nie infrage gestellt. Ich habe sie noch nie infrage stellen müssen – alle sehen und sprechen mich so an. Und das war mein ganzes Leben lang so und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es anders sein könnte. Ich fühle mich richtig damit – das ist doch einfach so.‘ Eine Person, die so denkt und handelt, nennen wir CisFrau; sie ist cisgegendert. Das ist ein Privileg, da sie in viele soziale Normen hineinpasst und diese nicht infrage stellen muss. In einer sexistischen Gesellschaft macht es einen Unterschied, CisFrau oder CisMann/Typ zu sein. Überhaupt darüber nachdenken zu können, CisFrau oder CisMann/Typ zu sein, kann selbst Ausdruck dafür sein, weiß und ableisiert zu sein – denn dann spielen andere Diskriminierungsformen eine ganz andere Rolle für Selbst- und Außenwahrnehmungen.
Warum wird beispielsweise Kindern von Anfang an beigebracht, dass Mama immer frauisiert ist und bleibt und Papa immer typisiert ist und bleibt?

grafik_buchhornscheidt, lann: feministische w_orte: ein lern-, denk- und handlungsbuch zu sprache und diskriminierung, gender studies und feministischer linguistik. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2012, S. 113-130.

Empowerment, empowern:

Empowerment ist alles, was mich stark macht, anwesend macht, mich wertvoll und selbstakzeptierend macht – jenseits von und trotz der Diskriminierung, die mich bestimmt, trotz und jenseits von Gefühlen von Ohn- und Unmacht dazu. Ich höre auf, meine diskriminierte Positionierung als Ausgangslage meiner Selbstwahrnehmung und meines Seins in Welt zu nehmen. Empowerment ist auch meine Selbst_Ermächtigung und meine Zurück_Gewinnung einer Handlungsoption in gewaltvollen diskriminierenden Situationen und Lebensrealitäten. Durch Empowerment kann die eigene Stärke wieder spürbar gemacht und Verbündete gefunden werden.

grafik_buchHamaz, Sofia; Ergün-Hamaz, Mutlu; Brilling, Julia: Empowerment: Migration, Integration, Diversity-Dossier der Heinrich-Böll-Stiftung. Berlin 2013.http://www.migration-boell.de/pics/Dossier_Empowerment.pdf (22.09.2013)

Frauisierung, frauisiert, Frauisierte:

Die Be_Nennung ‚frauisiert’ ersetzt die konventionalisierte Be_Nennung ‚Frau‘. Durch das Wort ‚frauisiert‘ wird der diskursive, prozessuale Herstellungscharakter dieser sozialen Positionierung deutlicher: Keine Person ist einfach so ‚Frau‘, sondern wird frauisiert und_oder frauisiert sich selbst. Die Be_Nennung ‚typisiert’ ersetzt analog dazu die konventionalisierte Be_Nennung ‚Mann‘.

grafik_buchAK Feministische Sprachpraxis (Hrsg.): Feminismus schreiben lernen. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2011, S. 19-41.

Geschlecht, Gender, Genderung:

„Die anmaßende Idee, alle könnten einem, und nur einem Geschlecht zugeteilt werden, ist an Irrsinn nicht zu überbieten! Die Annahme, es gäbe nur zwei Geschlechter, ist absurd und aberwitzig zugleich. Absurd, weil dieses System keineswegs auf alle zutrifft. Absurd auch, weil jede Abweichung immer nur als Ausnahme und folglich als Bestätigung des Systems gelesen wird. Aberwitzig und absurd ist, dass dieses blödsinnige System als so selbstverständlich gilt, dass wir Unmengen an Energie darauf verschwenden, es aufrecht zu erhalten!
Wir fordern: Stellen Sie diesen offensichtlichen Unfug ab! Stellen Sie diese empörende Energieverschwendung ab! Verabschieden Sie sich von diesem wahnwitzigen System, das vielen schadet und keinem nützt!“ (Roßhart, Julia; Jacke, Katharina; Huber, Jamie; Kämpf, Katrin, 2009, S. 2)

Der Begriff ‚Geschlecht’ wird als weiße ableisierte Vorstellung verhandelt, durch die Personen biologisierend als ‚meiblich‘ und ‚wännlich‘ differenziert und dadurch sozial positioniert werden. Mit ‚Gender’ wird die Konstruktion von Geschlecht als Analysekategorie fokussiert und dadurch auch de_konstruierbar gemacht. Genderung ist der Prozess der Vergeschlechtlichung, d.h. durch Genderung werden Personen über Geschlecht wahrgenommen, definiert und zugerichtet.

grafik_buchAK Feministische Sprachpraxis (Hrsg.): Feminismus schreiben lernen. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2011, S. 19-41.
grafik_buchRoßhart, Julia; Jacke, Katharina; Huber, Jamie; Kämpf, Katrin: meiblich, wännlich, other!: Zweigeschlechtlichkeit als Irritation; eine Ausstellung. Creative Commons, 2009, S. 2. http://.slideshare.net/sAncArlchen/meiblich-wnnlich-other-zweigeschlechtlichkeit-als-irritation-presentation (26.11.2013)

Heteronormativität und Heteragenderung:

Heteronormativität ist die weiße ableisierte Normsetzung von zweigeschlechtlichen Paarbeziehungen und als solche auch rechtlich abgesichert und legitimiert. Heteronormativität normalisiert vornehmlich weiße ableisierte entnannte Zweigeschlechtlichkeit und heterozweigegenderte Paarbeziehungen.
HeteraGenderung ist die HeteraGendernorm(alis)ierung und damit eine Realisierung von Sexismus bzw. Genderismus. Durch weiße ableisierte queere Politiken wird Heteronormativität häufig absolut gesetzt und auf diese Weise Rassismus und auch Ableismus – als wichtiger Bestandteil einer Vorstellung von Heteronormativität – entnannt.

grafik_buchCohen, Cathy: Punks, Bulldaggers, and Welfare Queens: The Radical Potential of Queer Politics? In: Johnson; E. Patrick; Henderson, Mae G. (Hrsg.): Black Queer Studies: A Critical Anthology. Durham: Duke University Press, 2005, S. 21-51.

Inter*:

“Inter* ist ein Sammelbegriff für Personen, die nicht in die (herkömmlichen) gesellschaftlichen Definitionen von „weiblich“ oder „männlich“ zu passen scheinen. Bei Inter* geht es besonders um unterschiedlichste Bedingungen, in denen die reproduktive oder geschlechtliche Anatomie, mit der eine Person geboren wird, nicht zuordnenbar scheint nach HERRschenden Maßstäben. Gesellschaftlich werden Geschlechterkategorien häufig in „männlich“, „weiblich“ und manchmal „inter*“ unterteilt, um soziale Interaktionen zu vereinfachen; auszudrücken, was wir wissen und fühlen oder um Ordnung aufrechtzuerhalten. Es entscheidet also nicht die Natur, wo die Kategorie „männlich“ endet und die Kategorie „inter*“ beginnt, oder wo die Kategorie „inter*“ endet und die Kategorie „weiblich“ beginnt. Menschen entscheiden das. “(gekürzte und leicht veränderte Definition nach http:// www.isna.org/faq/what_is_intersex; 29.01.2015)

Interdependenz und Intersektionalität:

„diskriminierungen sind immer komplex und mehrschichtig. es gibt keine einfachen, monolithischen diskriminierungen, die dann addiert werden können. […] es gibt also beispielsweise keine genderistische diskriminierung, die nicht auch rassistisch_ableistisch durchzogen und konstituiert ist, die nicht auch rassismus und ableismus mit aufruft, auf die eine oder andere weise. genderismus bedeutet für Schwarze trans_x_te personen was anderes, manifestiert sich anders, wird anders eingelesen, als für PoC trans_x_te personen, anders wahrgenommen, anders zugeschrieben als für weiße trans_x_te personen. vielleicht ist genderismus/sexismus als konzept bereits rassistisch, da es eine trennbarkeit impliziert, die für Schwarze und PoC-frauisierte überhaupt nicht gegeben war und ist. […] das heißt, jede analyse von genderismus und jede politik gegen genderismus muss immer ausdifferenziert sein nach anderen, nur analytisch trennbaren, diskriminierungsformen wie rassismus und ableismus.
wenn zum beispiel trans-politiken dafür kämpfen, dass eine transgenderkategorie in deutschen pässen eingeführt wird, werden auf diese weise die kämpfe der in deutschland lebenden illegalisierten trans_x_ten personen ausgeschlossen. und damit wird nicht reflektiert, dass diese politik dann gleichzeitig diskriminierend ist.“ (xart splitta e.V.: interdependenzen. Berlin 2013. http://www.xartsplitta.net/interdependenzen.)(10.09.2013)

grafik_buchhornscheidt, lann: akademische entpositionierungen und paradoxe entkomplexisierungen durch intersektionalität. In: Erwägen, Wissen, Ethik. Stuttgart 24(2013)2, S. 112-117.

Klassismus:

Fragen, die wir uns gerade zu Klassismus stellen, sind: Was lerne ich als Standardessen kennen? Was wurde mir vorgelesen? Wurde diskutiert ‚zu Hause‘ – und gab es ein Haus, eine Wohnung, einen Ort oder bin ich auf der Flucht, im Heim, in der Psychiatrie aufgewachsen? Muss ich mir bei jedem Einkauf überlegen, ob ich die Packung Kekse mitnehmen kann? Habe ich überhaupt Geld oder Einkaufs‚gut‘scheine zum Einkaufen – oder muss ich sowieso Geschäfte meiden als öffentliche Orte mit chemikalischen, elektromagnetischen Belastungen, zu vielen Menschen oder weil ich vielleicht auffallen und kontrolliert werden könnte? Oder weil ich gar nicht hinkomme? Gibt es sowas wie ‚Urlaub‘, allein schon als Vorstellung für mein Leben? Ist Reisen mit Grenzübertritt und Gefahr und Bedrohung oder mit Erholung oder mit Flucht oder mit noch was anderem verbunden? Mit wessen Wasser werden mein Pool und meine Klospülung im Urlaub gefüllt? Wie und wo kaufe ich meine Kleidung oder wo und wie bekomme ich sie sonst her? Und wenn ich sie in Billigläden kaufen ‚muss‘, weil ich mir nichts anderes leisten kann oder will, welche Personen leben wie oder gar nicht dadurch, dass ich diese Jeans billig oder teurer kaufen kann? Werden meine kranken Eltern durch mich (auch, wenn ich sexualisierte Gewalt von da mitbekommen habe – aber es so klar ist, dass ich ja für meine Eltern zuständig bin) oder durch eine Person ohne Aufenthaltstitel gepflegt (weil ich mir ja ‚nichts anderes leisten kann‘ und dieser Staat das tatsächlich nur so ermöglicht). Oder sind meine Eltern schon lange an den Chemikalien gestorben, mit denen sie während ihrer Arbeit auf den Plantagen die Bananen und Nelken für westliche Märkte besprühen mussten?

Macht- und Statusverhältnisse:

Machtverhältnisse sind strukturelle Diskriminierungs- und Privilegierungsverhältnisse. Macht ist nicht unbedingt repressiv und eindeutig, ist nicht nur an einer individuellen Position festmachbar, sondern prägt jede gesellschaftliche Situation als Machtverhältnis. Machtverhältnisse begünstigen privilegierte Personen(gruppen), die z.B. an der Universität in und durch Statusverhältnisse institutionalisiert werden können.

Migratismus, migratisiert:

Migratismus ist das Machtverhältnis, das Migration und Migra_ntinnen als nicht dazugehörig zu Deutschland/Westeuropa auf einer ideellen, rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Ebene herstellt bzw. sie als negativ anders herstellt. Migratisierung ist auch eine zentrale Umsetzung von Rassismus in der Gesellschaft. D.h. weiße Personen können auch migratisiert sein, sind aber damit nicht rassistisch diskriminiert. Weiße Rumäninnen können migratisiert sein in Deutschland, wohingegen weiße Schwedinnen in Deutschland nicht migratisiert sind, sondern einfach nur weiß privilegiert.

grafik_buchTudor, Alyosxa: Rassismus und Migratismus: die Relevanz einer kritischen Differenzierung. In: Nduka-Agwu, Adibeli; Hornscheidt, Antje Lann (Hrsg.): Rassismus auf gut Deutsch: ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2010, S. 396-420.

People of Color, Person of Color, PoC:

„Der Begriff ‚People of Color’ ist ein Bündnisbegriff, der Verbindungslinien zwischen Menschen herstellt, die Rassismuserfahrungen machen. Auf solidarische Weise soll dem rassistischen weißen Herrschaftssystem entgegengetreten werden, ohne Differenzen untereinander zu homogenisieren. Im deutschen Kontext gibt es mit der Anwendung einige Schwierigkeiten, er ist englisch und wird in einer bestimmten (überwiegend akademischen) Szene genutzt.“ (FemoCo2013: People of Color – ein politischer Bündnisbegriff oder auferzwungene Selbstbezeichnung? Berlin 2013;http://www.femoco2013.de/programm-1/people-of-color-ein-politischer-bündnisbegriff-oder-auferzwungene-selbstbezeichnung) (22.09.2013)

Das bedeutet u.a. auch, immer konkret die Selbstbenennungen Diskriminierter zu respektieren und zu verwenden. Für Personen, die sich mit Selbstbenennungen noch nicht oder wenig auseinandergesetzt haben und Widerwillen spüren oder irritiert sind, ist zu überlegen, aus welchen Gründen sie die Selbstbezeichnungen Diskriminierter nicht verwenden und respektieren wollen und welche Vorstellungen somit wieder normalisiert und re_produziert werden.

grafik_buchHa, Kien Nghi; al-Samarai; Nicola Lauré; Mysoreka, Sheila: re/visionen: postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland. Münster: Unrast-Verlag, 2007.

Privilegierung:

Ich bin durch verschiedene Diskriminierungsverhältnisse gleichzeitig privilegiert, da ich z.B. nicht weiß, wie es sich anfühlt, aufgrund rassistischer Zuschreibungen diskriminiert zu werden; da ich nicht weiß, wie es ist, mit dem Rolli durch Berlin unterwegs zu sein – oder eben nur teilweise oder sehr eingeschränkt; da ich nicht weiß, wie es ist, als Kind nicht satt zu werden; da ich nicht weiß, wie das Gefühl ist, nicht verstanden zu werden, weil meine Sprache nicht gesprochen wird oder alle Lautsprache als selbstverständlich setzen; da ich nicht weiß, wie es ist, keinen EU-Pass zu haben und vor jeder Kontrolle Panik zu haben. Ich bin an vielen Punkten privilegiert, an anderen nicht. Zum Beispiel weiß ich, wie ich mich fühle, wenn ich in der Supermarktschlange als Freak beschimpft werde. Ich weiß, was es mit mir macht, aus dem ‚Frauen‘klo geschickt zu werden. Ich weiß, warum ich keine Lust auf Therme oder Hallenbad habe. Die eigenen Privilegierungen zu hinterfragen, zu be_nennen, mitzu_denken, bringt mich an Punkte bei mir selbst, aber auch an Punkte, wie ich handeln möchte, agieren möchte, anerkennen und auch stehen lassen können möchte, wenn ich nicht verstehe, was Diskriminierung bedeutet und anrichtet.

Rassismus, Rassismen:

“Rassismus ist die systematische Herstellung von white supremacy” (Sharon Dodua Otoo; Präsentation Moviemento. Berlin 13. Juli 2013)

“Racism is attended by three simultaneous features: first, the construction of difference; one is seen as ‘different’ due to one’s racial and/or religious belonging. […] All those who are not white are constructed as ‘different’. […] Second, these constructed differences are inseparably linked to hierarchical values. […] Finally, both processes are accompanied by power – historical, political, social and economical power. […] And in this sense, racism is white supremacy.” (Kilomba, Grada, 2008, S. 42)

Momentan wirkkräftige Formen von Rassismus im deutschen Kontext sind z.B. Kolonialrassismus, Antiromaismus, Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus.

grafik_buchShohat, Ella; Stam, Robert: Unthinking Eurocentrism: Multiculturalism and the Media. London/New York: Routledge, 1994, S. 22ff.

grafik_buchLorde, Audre: Sister Outsider: Essays and Speeches. Berkeley: Crossing Press, 1984.

grafik_buchKilomba, Grada: Plantation Memories: Episodes of Everyday Racism. Münster: Unrast-Verlag, 2008.

Sexismus und Genderismus:

Sexismus ist der ‚traditionelle‘ Begriff, um strukturelle Diskriminierung über Genderung zu bezeichnen. Genderismus ist ein weiter ausdifferenzierter Begriff, der über ein herkömmliches Verständnis von Sexismus hinausgeht. Genderismus ist die strukturelle Diskriminierungsform, die Gender/Geschlecht als Kategorisierung schafft und über diese Kategorisierung Diskriminierungen, Hierarchisierungen, Bewertungen und Gewalt herstellt und re_produziert. Genderismus basiert auf unterschiedlichen genderistischen Realisierungsformen wie u.a. Androgenderung, Zweigenderung, Reprogenderung, Heteragenderung, Cisgenderung und Kategorialgenderung. Genderismus schafft Gender als Kategorie.
Genderismus als Begriff macht die Bezugnahme auf alle diese zuvor genannten Realisierungsformen explizit und zum Ausgangspunkt und geht damit über herkömmliche Formen von Sexismus hinaus, die besonders Androgenderung zum Ziel haben.

grafik_buchAK Feministische Sprachpraxis (Hrsg.): Feminismus schreiben lernen. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2011, S. 12-56

grafik_buchhornscheidt, lann: feministische w_orte. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2012.

Schwarz:

„Die Großschreibung von Schwarz verweist auf die Strategie der Selbstermächtigung und zeigt das symbolische Kapital des Widerstandes gegen Rassismus an, welches rassistisch markierte Menschen und Kollektive sich gemeinsam erkämpft haben.“ (Piesche, Peggy: Gegen das Schweigen: diasporische Vernetzungen Schwarzer Frauen in transnationalen Begegnungen. In: Peggy Piesche (Hrsg.): Euer Schweigen schützt euch nicht: Audre Lorde und die Schwarze Frauenbewegung in Deutschland. Berlin: Orlanda, 2012, S. 7.)

Über die Schwarze Position wird die Analysekategorie weiß hergestellt. Sie sind absolut asymmetrisch zu lesen.

grafik_buchEggers, Maureen M.; Kilomba, Grada; Piesche, Peggy; Arndt, Susan (Hrsg.): Mythen, Masken und Subjekte: kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Münster: Unrast-Verlag, 2005 [2. Aufl. 2009].

Soziale Positionierung und kritische Verortung:

Soziale Positionierung ist die Herstellung einer Kategorisierung auf der Grundlage struktureller Diskriminierungen: beispielsweise Schwarze Personen, PoC, Musli_minnen, Rroma, Jüdi_nnen durch jeweils (?) spezifische Realisierungsformen von Rassismus, Frauen, Inter*, Trans* durch spezifische Realisierungsformen von Sexismus/Genderismus, BeHinderte durch spezifische Realisierungsformen von Ableismus. Wenn ich mich damit kritisch und reflektierend beschäftige und daraus politische Handlungen ableite, handele ich kritisch verortet zu diesen Diskriminierungen. Ob ich privilegiert oder diskriminiert bin im Verhältnis zu diesen Diskriminierungsstrukturen, spielt dabei eine wichtige Rolle für meine Handlungen und meine Verortungen. So sind Personen, die durch Rassismus diskriminiert sind und dagegen kämpfen, anti-rassistisch kritisch verortet. Personen, die durch Rassismus privilegiert sind, sind in ihrem Handeln dagegen contra_rassistisch verortet. Die → kritische Verortung ist keine Identität, sondern ein Selbstanspruch, die ich mir immer nur für konkrete Handlungen immer wieder neu überlegen und umsetzen kann. Ich bin also nicht Contra_Rassistx als weiße Person, sondern eine konkrete Handlung von mir kann contra_rassistisch bzw. so gedacht und gemeint sein, dann aber in der Wirkung potentiell auch rassistisch sein, daher der Unterstrich. → Soziale Positionierung ist also eine analytische Kategorisierung, kritische Verortung ist eine konkrete politische Handlung.

grafik_buchTudor, Alyosxa: feminismus w_orten lernen: Praktiken kritischer Ver_Ortung in feministischen Wissensproduktionen. In: AK Feministische Sprachpraxis (Hrsg.): Feminismus schreiben lernen. Frankfurt a.
M.: Brandes & Apsel, 2011, S. 57-99.

grafik_buchxart splitta e.V.: kritische ver_ortung und soziale positionierung: ein (selbst)interview. Berlin 2013. http://www.xartsplitta.net/kritische-ver_ortung-und-soziale-positionierung-ein-selbstinterview (10.09.2013).

grafik_buchCollins, Patricia Hill: Black Feminist Thought: Knowledge, Consciousness, and the Politics of Empowerment. New York: Routledge, 2000 (1. Auflage 1990).

Strukturelle Diskriminierung, strukturelle Ausschlüsse, strukturelle Ungleichheitsverhältnisse:

Im nachfolgenden Zitat wird Rassismus als Ausgangspunkt für strukturelle Ausschlüsse und Diskriminierungen genommen; nehme ich andere Diskriminierungsverhältnisse zum Ausgangspunkt, kommen andere Formen von Ausschluss und Diskriminierung zum Tragen, die ebenfalls systemisch und kognitiv verankert sind:

“The conventional distinction between individual and institutional racism, finally, is problematic, since racism is by definition the expression or activation of group power. Racism, then, is both individual and systemic, interwoven into the fabric both of the psyche and of the social system, at once grindingly quotidian and maddeningly abstract. It is not a merely attitudinal issue, but a historically contingent institutional and discursive apparatus linked to the drastically unequal distribution of resources and opportunities, the unfair apportioning of justice, wealth, pleasure and pain. It is less an error in logic than an abuse of power, less about ‘attitudes’ than about the deferring of hopes and the destruction of lives.” (Shohat, Ella; Stam, Robert, 1994, S. 23.)

grafik_buchShohat, Ella; Stam, Robert: Unthinking Eurocentrism: Multiculturalism and the Media. London/New York: Routledge, 1994.

Trans*/Trans_en/Trans_x_en:

Trans* ist ein politischer, d.h. kritisch ver_orteter Sammelbegriff für Personen, die in konkreten Momenten und_oder übergreifenden Lebenssituationen Eindeutigkeiten von Genderzuweisungen infrage stellen, die sich nicht in naturalisierten, zeitübergreifenden Formen von Zwangszweigenderung wiederfinden, nicht in den Gendervorstellungen, die ihnen in ihrer Sozialisation nahegelegt worden sind und die dies in unterschiedliche Handlungen umsetzen, wie Namens- und Personenstandsveränderungen, körperliche Veränderungen, Auftreten – manchmal über Zeit, manchmal in einzelnen Situationen.

Trans_en als Verb und damit als Handlungsform kann Folgendes bedeuten: „transed: if we rethink the term as the critical crossings and mobilities of previously categorically fixed territories.” (Noble, Bobby, 2012, S. 46)

Trans_x_en ist eine kritische Ver_ortung, die im Moment ihrer Handlung versucht, herkömmliche Vorstellungen von Genderungen zu durchqueren, die immer auch gegen Rassismen und Ableismen sowie Klassismen und Migratismen Stellung bezieht und auf jeden Fall immer Zweigenderung bzw. Zwangszweigenderung herausfordert und infrage stellt.

grafik_buchxart splitta e.V.: http://www.xartsplitta.net (10.09.2013).

grafik_buchEnke, Finn (Hrsg.): Transfeminist Perspectives in and Beyond Transgender and Gender Studies. Philadelphia: Temple University Press, 2011.

grafik_buchNoble, Bobby: Trans. Panic: Some Thoughts toward a Theory of Feminist Fundamentalism. In: Enke, Finn A. (Hrsg.): Transfeminist Perspectives in and beyond Transgender and Gender Studies. Philadelphia: Temple University Press, 2012, S. 45-59.

weiß:

Der Begriff weiß ist kleingeschrieben und kursiv gesetzt (bzw. in kursiv gesetzten Abschnitten nicht-kursiv geschrieben), da es sich um eine analytische Kategorisierung von über (Kolonial)Rassismus privilegierten Personen und entsprechenden sozialen Positionierungen handelt. weiß ist also in dieser Lesart keine Identitätskategorie und auch keine mögliche kritische Verortung, sondern Resultat rassismuskritischer Analyse der durch Rassismus privilegierten Positionierung und Resultat antirassistischer Politiken.

grafik_buchEggers, Maureen M.; Kilomba, Grada; Piesche, Peggy; Arndt, Susan (Hrsg.): Mythen, Masken und Subjekte: kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Münster: Unrast-Verlag, 2005 [2. Aufl. 2009].

grafik_buchMorrison, Toni: Playing in the Dark: Whiteness and the Literary Imagination. New York: Vintage, 1992.

ZweiGenderung:

In und durch ZweiGenderung wird eine Unterscheidung zwischen typisierten (‚Männern‘) und frauisierten (‚Frauen‘) Positionierungen und Personengruppen hergestellt und diese Unterscheidung zugleich als selbstverständlich, natürlich, unhinterfrag- und unhintergehbar und objektiv gesetzt. ZweiGenderung basiert auf der Annahme, dass es zwei und genau zwei Gender gibt, weiblich und männlich, denen Personen, Handlungen, Eigenschaften eindeutig zugeordnet werden können und die sich in Liebes- und Lebens- sowie in Sexbeziehungen „natürlicherweise“ auf einander beziehen.

Zwangszweigendern: Alle sozialen Mechanismen, Handlungen, Wahrnehmungen und Strategien, die den Anschein erwecken, dass es nichts anderes als Zweigenderung gibt.

grafik_buchhornscheidt, lann: feministische w_orte: ein lern-, denk- und handlungsbuch zu sprache und diskriminierung, gender studies und feministischer linguistik. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2012, S. 73-83.