5 – Reflexionsübung zu eigenen Normalisierungs-Vorstellungen

Welche Vorstellungen von Personen und Personengruppen wurden für dich bei den einzelnen Beispielsätzen in Kapitel 4 aufgerufen? Welche Bilder kamen dir spontan in den Sinn?

grafik_stiftNimm dir für diese Fragen einige Minuten Zeit. Blättere ggf. nochmals zurück zu den Beispielen. Mach dir Notizen, wenn du möchtest.

Wie häufig hast du dir eine → ableisierte Person vorgestellt, also z.B. eine hörende Person oder eine Person ohne chronisch-psychische Erkrankung oder eine Person, die sich problemlos in öffentlichen Gebäuden aufhalten kann?

Wie häufig hast du dir eine → weiße, (pseudosäkularisiert) christliche Person vorgestellt, also eine Person, die nicht durch → strukturelle → rassistische Diskriminierung daran gehindert wird, die Universität oder andere Räume als eigene Räume aufzufassen? Und inwiefern hängt deine Wahrnehmung einer Normalvorstellung von Personen in diesen Beispielsätzen genau mit diesen strukturellen Ausschlüssen zusammen?

Die dominanten deutschsprachigen Normalvorstellungen sind nicht nur → androgendernd, also Männer als Norm setzend, sondern setzen auch weiß christlich (bzw. eine säkularisierte Variante davon) ableisiert zu sein und einen (EU)Pass zu haben als Norm. Diese sprachlichen Diskriminierungen finden also vor allem über Entnennungen von Normvorstellungen statt – und stellen diese umso machtvoller wieder her. Wie anders sind die Studienbedingungen für
ein*e disableisiert*e Student*in, di*e vielleicht andere Kommunikationsformen als ableisierte verwendet, di*e andere Raumnormalitäten hat? Und für welche Personen gibt es gar keine Studienbedingungen, da ihre Kommunikationsformen
nicht als solche wahrgenommen werden, ihre Formen, Fragen zu stellen und Dinge aufzufassen als nicht verständlich und passend oder vielleicht sogar nicht intelligent genug eingelesen werden und_oder ihr Aufenthaltsstatus in Deutschland Zugänge verwehrt?

Häufig ist eine explizite weitere Ausdifferenzierung von vielen miteinander verbundenen Diskriminierungsformen, sog. → interdependenten Diskriminierungen, und ihre explizite Benennung ein erster Schritt, um die sehr unterschiedlichen Lebens-, Arbeits- und Studienbedingungen von Personen wahrzunehmen. Sprachveränderungen sind – wie oben dargestellt – immer auch soziale Veränderungen. Entnannte und auf diese Weise normal gesetzte Normen herauszufordern und zu irritieren, indem sie durch ihre Benennung zu einer Vorstellung unter vielen werden, ist ein wichtiger Schritt davon.

sprachleitfaden_mensaUns geht es bei dieser Intervention darum, die normalisierten Machtverhältnisse von bedient werden und bedienen müssen zu be_nennen. Wex räumt täglich unseren Dreck weg?